Didaktische Evaluation des SKS
Didaktische Evaluation des SKS
Die didaktische Evaluation des Schülerkontaktstudium aus der Sicht der W-Seminarleitung der gymnasialen Oberstufe
Das Schülerkontaktstudium (nachfolgend SKS) wurde 2013 in einer engen Kooperation von Prof. Boris Dreyer, Professur für Alte Geschichte, FAU Erlangen, und Gymnasiallehrkräften mit dem Ziel ins Leben gerufen, W-Seminar-LeiterInnen und Schülerinnen und Schüler (nachfolgend SuS) bei ihrer wissenschaftspropädeutischen Arbeit zu unterstützen.
Es umfasst drei Module, die als Arbeitspraktika in den Räumen der FAU abgehalten werden:
-
- Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten im Februar/März
- Recherchetechniken und Schreibschulung – Hilfestellung bei der Abfassung der Seminararbeit hinsichtlich Exposé, Gliederung und Argumentation mit Einzelberatung und Workshops im Juli
- Endredaktion – Fertigstellung der Arbeit mit Einzelberatungen im September/Oktober
Die Beratung der SuS erfolgt dabei durch TutorInnen, d.h. durch (mit Prüfungen nachgewiesen) besonders geeignete wissenschaftliche MitarbeiterInnen und Studierende höheren Semesters aus dem Fachbereich des jeweiligen Leitfaches des W-Seminars, die für ihre Aufgabe gezielt ausgebildet wurden.
Von Beginn an wurde auf eine enge Anbindung an die Anforderungen geachtet, die bei der Arbeit im W-Seminar einzuhalten sind: Diese sind – als Ersatz für einen Lehrplan – in der Broschüre „Die Seminare in der gymnasialen Oberstufe, München 22008„ niedergelegt, die im Auftrag des Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus von einem Arbeitskreis des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung erstellt wurde. Im Folgenden soll die Verzahnung der schulischen Anforderungen mit den Angeboten des SKS dargestellt werden; auf die o.g. grundlegende Broschüre des ISB wird mit dem Wort „Leitfaden“ verwiesen.
Kompetenzdimensionen (Leitfaden, S. 7)
Im Zuge der für den Lehrplan des G8 und den LehrplanPlus geltenden Kompetenzorientierung sollen vier überfachliche Kompetenzen erworben werden. Dabei leistet das SKS einen entscheidenden Beitrag:
Die Fachkompetenz, d.h.die Fähigkeit, Aufgaben und Probleme mit Hilfe fachlicher Kenntnisse zielorientiert sachgerecht zu bewältigen sowie das Ergebnis zu beurteilen, wird durch die individuellen Betreuungsangebote des SKS erweitert. Die TutorInnen der FAU werden dafür geschult, die SuS zu beraten und Anstöße/Hilfestellungen zu geben, damit das geforderte selbständige und stets reflektierte Arbeiten der SuS gelingen kann. Bei den Einzelgesprächen in Modul I und II wird dem Prinzip der Handlungsorientierung (Leitfaden S.7) Rechnung getragen. Durch die Ausbildung in Recherchetechniken und den schriftlichen und mündlichen Kontakten mit den TutorInnen der FAU erfahren sowohl die Medienkompetenz als auch die Sozialkompetenz der SuS eine entscheidende Förderung. Zudem stärken der durch die Teilnahme am SKS gewonnene Erfahrungszuwachs und der Einblick in die Welt der Wissenschaft und die dort geltenden Regeln durch situierte Projektarbeit die Selbst- oder Personalkompetenz und fördern Selbstverantwortung, Selbstbewusstsein und kulturelle Identität in besonderem Maß.
Damit wird wesentlichen Bildungsaufträgen des Gymnasiums entsprochen.
Zum Erwerb von (fach)wissenschaftlichen Arbeitstechniken sind Exkursionen zu wissenschaftlichen Einrichtungen vorgesehen; externe Experten können (Leitfaden S.15) nicht nur in den Unterricht einbezogen werden, sondern müssen es sogar nach den Vorgaben etlicher Schulleitungen. Diese Forderungen werden durch die Teilnahme am SKS erfüllt, denn die drei Module finden in den Räumlichkeiten der FAU statt und die SuS kommen mit dem Berufsbild des Wissenschaftlers und des wissenschaftlichen Mitarbeiters in engen Kontakt. Sie lernen die universitären Gegebenheiten kennen und schnuppern „Uniluft“, erleben an den SKS-Tagungen bei der gemeinsamen Begrüßung ein großes Auditorium und kleinere Seminarräume bei den fachgebundenen Veranstaltungen. Zudem erhalten sie u.a. durch den intensiven Kontakt mit Studierenden höheren Semesters wichtige Einblicke in die Anforderungen eines (Fach-)Studiums und den Arbeitsalltag eines Studierenden. Damit wird Wissenschaftsprophylaxe vor Ort geboten.
Dabei ist auch der Lernort „wissenschaftliche Bibliothek (Leitfaden S. 15) von besonderer Bedeutung. Einführungen in die Universitätsbibliothek der FAU, Umgang mit einer Präsenzbibliothek und eine Einführung in die Bestellvorgänge, Einführung in OPAC, so dass die Recherche auch von zu Hause aus betrieben werden kann, sind selbstverständliche Bestandteile von Modul I oder II des SKS; auf Wunsch wird auch eine Führung durch die Fachbibliotheken der einzelnen Institute und Departments ermöglicht.
Was die Zusammenarbeit mit externen Partnern betrifft (Leitfaden S.15), bedingt die Teilnahme am SKS eine außerordentlich enge Zusammenarbeit mit den Studierenden, sowie den wissenschaftlichen Hilfskräften und Mitarbeitern einer Fakultät. Damit erfolgt die geforderte Öffnung der Schule nach außen hin: Die SuS arbeiten neben ihrer eigenen Lehrkraft mit ihren TutorInnen und weiteren wissenschaftlichen Mitarbeitern einer Fakultät zusammen und haben die Möglichkeit, auftretende Fragen auf wissenschaftlichem Niveau beantwortet zu bekommen. Im Bedarfsfall werden die TutorInnen an weitere Experten verweisen.
Das fächerübergreifende Arbeiten zu fördern (Leitfaden S.7) ist eines der zentralen Anliegen des Lehrplans des Gymnasiums.
Dadurch, dass bei den SKS-Tagen stets Seminare vieler Fachrichtungen zusammenkommen, erfolgt der Austausch in zwangloser Weise. Gleichzeitig wird den SuS bewusst, dass bei wissenschaftlichen Arbeiten vielfach die gleichen Regeln und Strategien gelten. Dies betrifft zum Beispiel die Formalien, auf die im SKS großer Wert gelegt wird (Module I und II) die Recherchetechniken und die Beurteilung der Qualität von Quellen und Studienergebnissen, zentrale Anliegen des SKS. Weil für nahezu alle Fächer die gleichen Regeln gelten, ist es mit Hilfe eines an den schulischen Bewertungsbögen orientierten FAU-Bewertungsrasters möglich, Arbeiten unterschiedlichster Fachrichtungen durch eine universitäre bewerten zu lassen und die VerfasserInnen der besten Ergebnisse bei der feierlichen Prämierung besonders zu honorieren.
Ablauf des schulischen W-Seminars in Q11 und 12 (Leitfaden S.15)
Die Arbeit im W-Seminar sieht vor, dass in Q11/1 ein Input, d.h. eine Einführung in das Rahmenthema und in wissenschaftliches Arbeiten erfolgen muss. Im Februar soll sich das letztendlich zu bearbeitende Thema herauskristallisieren. Das erste Modul des SKS ist genau auf diese Phase abgestimmt: Es erfolgt fachgebunden eine Wiederholung und Festigung der im ersten Halbjahr des Unterrichts erlernten Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens, wobei das Verfassen eines Exposés ein wichtiges Thema ist; bei fachlichen Fragen zur Themenstellung stehen die TutorInnen zur Verfügung. Auch Bibliotheksführungen finden zu diesem Zeitpunkt statt (s. oben).
In Q11/2 steht im Unterricht im Zuge der Eigentätigkeit der SuS die wissenschaftliche Recherche, das Exzerpieren, das Erstellen eines Exposés und der Gliederung und erste Ausformulierungen an. Aus diesem Grund finden beim zweiten SKS-Tag die Workshops zur Zitation, Informationsbeschaffung und Beurteilung der Qualität von studentischen Arbeiten statt. Außerdem werden in Einzelgesprächen von den TutorInnen weiterführende Hinweise zu den eingereichten Gliederungen, Literaturverzeichnissen und ggf. Probeseiten gegeben, ohne eigenständige Schülerlösungen vorwegzunehmen.
Die dritte Phase, die im Halbjahr 12/1 stattfindet, beinhaltet die Fertigstellung der Arbeit sowie die Präsentation. Zu kohärenter und strukturierter Argumentation sowie zu Präsentationstechniken finden daher in Modul III fachbezogene und individuelle Schulungen der SuS statt.
Die Inhalte der einzelnen Module können auf Wunsch individuell zusammengestellt, fokussiert oder durch andere Elemente ersetzt werden, um das SKS optimal auf das jeweilige W-Seminar abzustimmen, was durch eine enge Absprache zwischen Tutorin und Lehrkraft erfolgt.
Recherchetechniken sind für die Abfassung der Arbeit von zentraler Bedeutung (Leitfaden, S. 13: Kompetenz in wissenschaftlichen Arbeiten, fachwissenschaftliche Informationen: recherchieren, analysieren, analysieren und abstrahieren, auf Wesentliches reduzieren) und nehmen daher im SKS einen breiten Raum ein durch Fördermaßnahmen sowohl in Modul I als auch II. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Beurteilung der Qualität von Quellen. Diesem ist ein eigener Workshop in Modul II gewidmet, in dem die SuS unter Anleitung anonymisierte Seiten studentischer Arbeiten aus dem jeweiligen Fachbereich beurteilen dürfen. Dadurch, dass sie über den Tellerrand hinaussehen dürfen, gewinnen die SuS unschätzbar wertvolle Erkenntnisse, was ihre eigene Arbeit betrifft; der Blick im Sinn nachhaltiger Qualitätssicherung wird geweitet. Im schulischen Kontext wäre ein derartiges Prozedere nicht denkbar.
Leistungserhebungen (Leitfaden S.19)
In den W-Seminaren müssen die SuS in den ersten beiden Halbjahren jeweils 2 kleine Leistungsnachweise erbringen. Diese liegen im Ermessen der Lehrkraft und können z.B. Exzerpier- und/oder Zitiertechniken sowie bewertete Exposés, Literaturverzeichnisse oder Gliederungen beinhalten.
Genau diese sind Inhalt der Module I und II im SKS: Die SuS haben die Möglichkeit, mit ihren TutorInnen im Vorfeld mögliche Probleme anzusprechen; Schwachstellen können im Gespräch zu Tage treten, ohne dass den SuS die selbständige Arbeit und die Eigenverantwortung abgenommen werden.
Sachlich und fachlich korrekte Argumentation, Kohärenz
Durch Einreichen einer Probeseite erhalten die SuS die Chance, die Einschätzung eines unabhängigen Experten zu erhalten und gegebenenfalls um Rat fragen zu können. Die vorher erfolgte Bewertung der Lehrkraft wird hierbei nachhaltig gestützt.
Zeitmanagement
Die Lehrkraft ist verpflichtet, mit den SuS ihres Kurses Besprechungstermine abzuhalten. Leider wird in der Schule oft die Erfahrung gemacht, dass diese Termine nicht immer ganz zuverlässig wahrgenommen werden und geforderte Ergebnisse nicht immer wie vereinbart vorliegen. Hier üben die drei Termine des SKS einen immanenten Druck aus; auch wenn die Mitarbeit auf freiwilliger Basis erfolgt, scheuen die SuS erfahrungsgemäß eher davor zurück, einem universitären und externen Berater geforderte Ergebnisse nicht vorzulegen. Die Lehrkraft wird dadurch nachhaltig unterstützt; gilt es doch, gemeinsam auf das Erreichen von Meilensteinen hinzuwirken und ein hektisches last-minute Arbeiten Ende Oktober bestmöglich zu verhindern. Damit erfolgt, wie gefordert, eine Vorbereitung auf das Studium bzw. das spätere Berufsleben. (Leitfaden S. 9)
Summa summarum liefert das SKS eine extraordinäre Verzahnung aus Theorie und Praxis, Vorträge (Modul I) und höchst individueller Betreuung (Module II und III) und bewirkt eine sowohl extrinsische als auch intrinsische Motivation bei den SuS. Explizit soll betont werden, dass durch eine Teilnahme am SKS, die auf den Bewertungsbögen vermerkt wird, weder den W-SeminarleiterInnen noch den Schülerinnen und Schülern ihre konzeptionelle Arbeit bzw. Verantwortung für die Eigenleistung abgenommen wird; eher das Gegenteil ist der Fall. Vielmehr geht es um Unterstützung der Lehrkraft, auf die „Lernorientierung und die Entwicklung einer ‚Kultur der helfenden Rückmeldung‘ “(Leitfaden S.19) bedacht sein muss. Durch die intensive Wiederholung werden eine Festigung der im Unterricht erworbenen wissenschaftspropädeutischen Grundkenntnisse und damit im Sinn einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Ausbildung eine Qualitäts- und Ergebnissicherung nebst Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses erzielt. Das überaus positive Feedback der beteiligten Seminare, deren Zahl unter Ausweitung der Fachrichtungen über die Jahre kontinuierlich bis auf knapp 40 stieg, belegt eindrucksvoll den Erfolg dieser auch im Logo des SKS bildlich dargestellten beispielhaften Kooperation von gymnasialer Oberstufe und der FAU Erlangen.